Drei Soldaten in Uniform marschieren synchron auf einer Straße. Sie tragen Gewehre und Helme, während Passanten im Hintergrund vorbeigehen. Die Soldaten zeigen eine formelle Paradehaltung, die auf Disziplin und Ordnung hinweist.
17.06
2025
06:50
Uhr

Mut zum Glauben – selbst in Uniform

Ein Beitrag von Tobias Ziemann

Ja, und dann musste ich zur Nationalen Volksarmee, erzählt mir ein Herr, Jahrgang 1944. Natürlich wollte ich nicht, sagt er bewegt. Das habe damals eigentlich niemand gewollt, ergänzt er: Es war für uns alle keine Freude. 

Womit er untertreibt. Niemand hat mir je erzählt, er sei in jener Zeit auch nur ansatzweise glücklich gewesen. Macht und Gewalt prägten für viele junge Männer damals den Alltag während ihrer Armeezeit in der DDR. 

Mein Gesprächspartner wurde gerade achtzehn, als die DDR die Wehrpflicht einführte. Die ersten „Bausoldaten“ gab es ab dem Herbst 1964. Da war er zwanzig Jahre alt. Als einer der ersten überhaupt habe er die Wahl gehabt, betont er: Dienst an der Waffe oder mit dem Spaten. Als aktives Mitglied seiner Jungen Gemeinde hätte er den Kriegsdienst wahrscheinlich verweigern und „Bausoldat“ werden können. Aber nach langen Gesprächen und Gebeten habe er für sich entschieden, zur Armee zu gehen. Schweren Herzens – aber mit Gott an seiner Seite, wie er sagt.

In der Kaserne sei das dann das erste gewesen, was er tat: Er legte seine Bibel auf den Stuhl an seiner Pritsche. In einem Staat, der damals harsch gegen Christen vorging, war das keine Kleinigkeit, sondern ein mutiges Statement. Mitglieder der Jungen Gemeinde wurden denunziert. Erhebliche Nachteile konnten sie treffen, frei nach Willkür des Systems. Hier aber lag sie nun: die Bibel deutlich sichtbar auf dem Nachttisch als Zeugnis seines Glaubens.

Nervös habe er gewartet, wie die anderen reagieren würden. Und es geschah ein Wunder, zumindest habe es sich so angefühlt, sagt er. Als der erste Kamerad hereinkam, hellte sich dessen Blick auf: Bist Du auch in der Jungen Gemeinde? Schnell war das Eis gebrochen. Die beiden wussten, dass es Verbündete gab, sogar hier in der Kaserne. 

Ich selbst bin Jahrgang 1983 und musste nie zur Armee. Ich erinnere mich gerne an meinen Zivildienst, zehn Jahre nach der Wiedereinigung. Umso mehr berührt mich die Geschichte dieses Mannes. Heute, am Gedenktatg der Aufstände vom 17. Juni 1953, denke ich an ihn und seinen mutigen Glauben.