21.11
2024
06:50
Uhr

Naherwartung

Das Leben ist nicht einfach gerade. Die Zukunft unseres Planeten sieht nicht rosig aus. Und auch in die eigene Zukunft blicken viele und ich auch mit Sorge. Der Monat passt dazu mit zunehmender Dunkelheit, Kälte und Nebel am Morgen. Dazu passt auch das Kirchenjahr mit Buße und Totengedenken und nicht zuletzt mit der biblischen Rede vom Endgericht. Erstaunlich aktuell, denn da heißt es: Seid wachsam – jederzeit kann alles vorbei sein. Das Schlimmste steht noch bevor. Wir werden zur Rechenschaft gezogen mit dem, was wir getan und unterlassen haben. Schluck. Steht nicht nur in der Bibel – ist auch heute oft die Grundstimmung. Und vieles spricht dafür im Weltgeschehen, dass diese Zeiten finstern und chaotisch sind und alles den Bach runtergeht. 

In solchen Momenten wünsche ich mir Gelassenheit. Ich meine nicht naive Sorglosigkeit oder Rückzug. Auch nicht müßiges Nichtstun, wo Handeln angesagt ist. Ich meine die Art von Gelassenheit, den Tatsachen mutig, verantwortlich und selbstbewusst ins Auge zu sehen, ohne dabei in Panik oder Größenwahn zu verfallen. Ich meine die Kraft und die Klugheit, das Mögliche zu tun, und dabei immer das Beste zu hoffen und vor allem nie aufzugeben. 

Ein Blick in die Anfänge der Christenheit macht mir Mut: Auch damals war die Rede vom nahen Ende – man hoffte auf die baldige Wiederkunft Christi. Die Gläubigen mussten sich aber in Geduld und langen Atem üben. Aus der Naherwartung wurde eine Langzeiterwartung. Sie dauert an bis heute. Das Ende der Welt ist noch nicht gekommen. Die Wiederkunft Christi steht immer noch aus. Was Christen dabei durchhalten lässt? Die Hoffnung auf eine Zukunft, die besser ist; die tatkräftige Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit, nach einer unversehrten Schöpfung. Der Weg dorthin beginnt schon jetzt. 

Jesus sagt: „Das Reich Gottes ist bereits mitten unter Euch! Eine Hoffnung und Verheißung, die Beine macht. Von Albert Camus stammt dieser schöne Mutmachsatz: Die wahre Großzügigkeit gegenüber der Zukunft besteht darin, alles der Gegenwart zu geben.