„Du denkst schon an deine Rente?“ Meine Freundin Teresa schaut mich irritiert an. „Du musst doch noch genauso lange arbeiten wie ich, mindestens 20 Jahre!“ Ja, das ist wohl so und dennoch träume ich schon jetzt von meiner Rentenzeit. Wenn ich so überlege, hab ich schon als ich 6 oder 7 war, an die Rente gedacht. Dabei halte ich mich eigentlich an das biblische Wort vom sich keine-Sorgen-ums-Morgen-machen. Weil jeder Tag doch seine eigenen Sorgen hat. Das sagt Jesus. Heute wär er mit solchen Aussagen eine Art Achtsamkeits-Coach und würde viel Geld verdienen. Das war damals nicht sein Ziel, er wollte, dass alle Menschen für sich und vor allem miteinander ein gutes Leben führen. Und da nutzt es gar nichts, wenn man sich zu viele Sorgen ums Morgen macht. Besonders hätte Jesus dieses Wort wohl den Angst-Machern von heute gesagt. Jenen, die den Menschen so viele Ängste einreden, die sie vorher gar nicht hatten. Klar, so ganz ohne Sorgen ums Morgen geht’s wohl nicht, aber zu viel Sorgen und Ängste tun einfach nicht gut...
„Und wie ist das jetzt mit deiner Rente? Sind doch auch Sorgen ums Morgen, oder?“ Teresa unterbricht mich. Ich hatte wohl laut gedacht. „Ehrlich gesagt“, antworte ich, „Ich freu mich einfach auf die Zeit. Und ich glaub, ich weiß auch, woher das kommt, dass ich schon als Kind an die Rente dachte. In den 80gern hatten wir ab und an Besuch von unserer Partnergemeinde aus dem Westen. Und wir Kinder wussten damals genau, wann es soweit wäre, dass wir die andern besuchen dürfen. Nämlich: Wenn wir Rentner sind. Denn vor 60 Jahren hatte die DDR diese „großzügige“ Erlaubnis erlassen, dass Rentner pro Jahr 4 Wochen in den „Westen“ durften. Natürlich nur nach einem langwierigen Antragsverfahren. Und als Kinder der 80ger kannten wir diese Regelung natürlich. Oma war schließlich regelmäßig in West-Berlin. Und zu dieser Zeit begann ich, mich auf meine Rente zu freuen, weil ich liebe Menschen im Westen besuchen wollte. Nun ist die Mauer schon seit 35 Jahren weg Wer hätte das damals gedacht.“
„Also Sorgen ums Morgen vermeiden“, unterbricht mich Teresa erneut, „aber sich mit Freuen aufs Morgen motivieren fürs Weitermachen. Hätte Jesus sicherlich gefallen, deine Ergänzung zu seiner Lebensregel. Positive Motivation nennt man das heute. Und ohne die, hätte das mit der friedlichen Revolution `89 sicher auch nicht funktioniert.“