24.09
2024
06:50
Uhr

Wer regiert?

Ein Beitrag von Juliane Rumpel

„Heut gings bei Reli darum, was der Unterschied ist zwischen Jesus und uns!“ Tims Mutter ist irritiert. Sie gießt Kakao nach und fragt: „Wie? Im Religionsunterricht solltet ihr euch mit Jesus vergleichen?“ „Naja“, antwortet Tim, „es ging um den Unterschied zwischen Brandenburg heute und dem Ort an dem Jesus damals lebte.“ „Was ist dir eingefallen?“ „Na damals gabs einen König...“ „Richtig, Herodes!“ Tims Mutter freut sich, dass sie da selbst draufgekommen ist und nicht ihren 12jährigen fragen musste. „Genau, kennt man ja aus der Weihnachtsgeschichte! Bei Jesus also ein König und bei uns ein Ministerpräsident.“ Tims Mutter nickt: „Und ist das jetzt ein Unterschied oder eine Gemeinsamkeit?“ „Darüber haben wir auch gesprochen. Und dann sollten wir überlegen, wie man König und wie man Ministerpräsident wird. Das ist schon ein Unterschied, Mama!“ Tim nimmt einen großen Schluck Kakao, bevor er weiterredet. „Wer König wird, bestimmt nämlich meistens einer. Entweder der König davor oder noch einer drüber, der Kaiser. Aber so Leute wie Jesus wurden da nicht gefragt.“ „Ich glaube“, schaltet sich die Mutter ein, „ich glaube Jesus war eher dagegen, dass einer für alle entscheidet. Für ihn war sein Vater, also Gott, der einzige, der wirklich Macht haben sollte.“ „Hmh“, Tim schlürft Kakao und nickt. „Aber so ganz ohne Regierung geht’s ja auch nicht, hätte auch Jesus eingesehen. Und im Unterschied zum König dürfen wir beim Ministerpräsidenten ja alle mitreden. Also ich noch nicht, aber dauert ja nicht mehr lange, bis ich auch wählen darf!“

„Keine leichten Themen, die ihr da im Reli-Unterricht besprecht.“ „Damals hat nur einer bestimmt und jetzt sind wir alle so etwas wie kleine Könige und dürfen unsere Stimme abgeben. Das hätte Jesus bestimmt gefallen.“ 

Während Mutter und Sohn schweigend ihren Kakao trinken, denkt Tims Mutter darüber nach, dass das mit dem Stimme-Abgeben ja nur der erste Schritt ist und relativ leicht. Zu akzeptieren, dass jeder eine hat und die nicht immer so abgibt, wie ich mir das wünsche, ist weitaus schwieriger. Am Ende müssen alle mit dem Wahl-Ergebnis leben und etwas Sinnvolles draus machen. Vielleicht wäre manches mit einem König doch leichter. Aber das ist nur so ein ganz kurzer Gedanke, der sofort vertrieben wird von Ihrer Hoffnung, dass auch die neue Regierung in Brandenburg vor der Macht vor allem die Menschen im Blick hat. So jedenfalls hätte es Jesus wohl getan.