19.06
2024
06:50
Uhr

Stephan-Andreas Casdorff – Herausgeber Der Tagesspiegel

In diesen unruhigen, unfriedlichen Zeiten, in denen es immer wieder auch um den Wert des Journalismus geht, eine Erinnerung: Die deutschen Demokraten auf dem Hambacher Fest von 1832 und in der Revolution von 1848 haben um den Wert der Pressefreiheit gewusst. Alle politischen Sehnsüchte kamen zusammen in diesem einen Wort. Sie ist, zusammen mit der Meinungsfreiheit, das konstitutive Element der Demokratie. Deren Grundlage und oberste Bedingung. Damit macht man Staat. Sage ich als evangelischer Christ und Journalist.

Und allen Kritikern sei gesagt: Die große Mehrheit von uns weiß um die Verantwortung. Sie baut auf Demut vor dem Auftrag. Das bedeutet: Berichte, was ist. Kommentiere, was sein soll. Und trenne beides voneinander. Bedingung für Glaubwürdigkeit ist dann der Grundsatz: Keiner hat ein Monopol auf die Wahrheit.

Daraus erwachsen Chancen, für uns alle. Wir Journalisten können das „große Gespräch der Gesellschaft“ zumindest mitinitiieren, ein Gespräch, wie es Willy Brandt gefordert hat, 1973 in der Evangelischen Akademie Bad Segeberg. Es schließt die Sachauseinandersetzung nicht aus, setzt sie sogar voraus, „damit in einer möglichst breiten Diskussion ein Höchstmaß an Übereinstimmung erzielt werden kann“.

Sagte Willy Brandt, der „Sturmläufe gegen die fortschreitende Demokratisierung der Gesellschaft“ beklagte und Fronten mit dem Ziel, Freiheit und Demokratie in einen Gegensatz zu bringen. „Das kann zu einem besonders gefährlichen Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung werden“, warnte er. Kommt uns das nicht bekannt vor, sehr aktuell?

An der Abwehr von Angriffen müssen wir mitwirken. Nicht nur als Journalisten - als Christen! Indem wir die Bürger:innen befähigen, „Citoyen“ zu sein, nicht einfach Objekt von Weisungen, sondern Subjekt von Entscheidungen.

Ethos der Verantwortung, verbunden mit dem Wissen um die Pressefreiheit – und dann in der Sache nach den Grundsätzen der Medienethik vorgehen: informieren, bewusst machen, betroffen machen. Mit diesen drei Fragen des Aufklärers, die sich jeder Mensch in einer Demokratie, in unserem Gemeinschaft stellen sollte: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?

Im besten Sinne machen wir alle dann Staat. Hoffentlich.