Ist Andere zu töten ganz normal? Zumindest in vielen Videospielen oft ja. Und dabei denke ich noch gar nicht an „Ego-Shooter“, also Spiele, bei denen man aus der Perspektive eines Menschen mit Waffe in der Hand andere tötet. Selbst so vermeintlich harmlose Spiele wie „Super Mario“ nehmen das Töten anderer in Kauf. Wenn ich Super Mario spiele, springe ich auf die vorbeiziehenden Pilzwesen eher mechanisch als mir zu überlegen, was ich da gerade mache. Nicht schlecht gestaunt habe ich bei der Entdeckung eines Spieles mit dem Namen „The Visit“, also „Der Besuch“. Die Grafik erinnert an eben solche alten „Jump & Run“-Spiele wie Super Mario und meine Aufgabe ist es, vom eigenen Haus in das Haus meiner Geliebten zu einem Besuch zu kommen. „Kein Problem“, denke ich und mache mich auf den Weg. Ich laufe mit meiner Figur über die Wiese, springe auf und über Hügel und da kommen mir auch schon unterwegs einige Krabben entgegen. Wie mechanisch springe ich auf sie drauf, denn klar, das gehört sicherlich zum Spiel dazu. Doch beim Weiterlaufen komme ich nicht weit, denn auf einmal stürmt die Polizei von allen Seiten heran und bringt mich vors Gericht. Die Anklage: Mord! Die Krabbe hat mir nichts getan und ich muss mich schließlich entscheiden, ob ich die Tat bereue oder nicht. Oha! Damit habe ich nicht gerechnet.
Nun muss meine Figur also ins Gefängnis. Danach geht es weiter. Ich bin wieder auf dem Weg zu meiner Geliebten und komme dabei an einem Gedenkstein der verstorbenen Krabbe vorbei, vor dem andere Krabben bereits trauern. Auch hier muss ich mich entscheiden: Ich könnte dort niederknien oder weitergehen, könnte sogar das Denkmal sogar zerstören. Ich fange an zu hinterfragen, vor allem das Ziel wieder ins Auge zu fassen: Den Besuch bei meiner Liebsten. Und lerne schnell, dass wie sie mich empfängt, ganz davon abhängt, wie ich mich vorher im Einzelnen entschieden habe. Zeigte ich Reue und habe ich mich gebessert, dann ist der Schlusssatz fast schon biblisch: „Dir wurde vergeben. Nun gehe hin und töte von nun an nicht mehr!“ Das Spiel ist schnell gespielt und der Effekt stellt sich sofort ein. Super Mario spiele ich trotzdem noch gerne, aber doch ein bisschen anders als früher.