Ohne Essen kann ein Mensch lange Zeit überleben. Aber beim Trinken ist das ganz anders: Länger als drei Tage ohne Wasser hält es unser Körper nicht aus. Waren Sie schon einmal richtig durstig? Haben Sie sich mit allen Fasern Ihres Leibes nach Wasser gesehnt? Ich erinnere mich an so eine Episode. Diese Erfahrung möchte ich auf keinen Fall wiederholen.
Ich war zwar nicht in der Wüste verschollen, hatte aber im rumänischen Wald den Anschluss an meine Freunde verloren. Einen halben Tag irrte ich umher: ohne Wasser. Das hat mich an die Grenze meiner Möglichkeiten gebracht. Am Ende des Tages haben wir uns zum Glück wiedergefunden und ich war unendlich froh, frisches Wasser zu trinken; ich habe mich ganz still ins Zelt gelegt und – auch wenn das jetzt vielleicht komisch klingt - Psalm 23 gebetet: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.“
In vielen Religionen und in der Bibel ist Wasser ein Ur-Symbol für Leben und Lebenskraft. Und es ist ein Zeichen für Gottes heilende Präsenz in der Welt. So hat es auch Theresa von Avila gesagt, die im 16. Jahrhundert in Spanien lebte. Heute ist ihr Gedenktag. Sie war eine temperamentvolle Frau mit großer Empfindungskraft – nicht abgehoben, sondern nah am echten Leben.
Ich finde es beeindruckend, dass sie in ihrem „Gartengleichnis“ vom Alltäglichen und Lebensnotwendigen ausgeht, denn für Theresa von Avila ist die Seele wie ein Garten. Ohne frisches Wasser gibt es kein Wachstum. Das geistliche Leben des Menschen kann nach Theresa nur gedeihen, wenn der „Garten der Seele“ auch gut bewässert wird: regelmäßig und mit langem Atem – durch Stillwerden, Meditation und Gebet. Dann kann die menschliche Seele zu einem Ort werden, wo es „Leben in Fülle“ (Joh 10,10) gibt.
Damals im rumänischen Wald habe ich verstanden: Durst zeigt uns, was wirklich wichtig ist. Theresa von Avila würde ergänzen: Das gilt nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele.